PON AKTUELL Nr. 68 Mai 2007

SEMINAR AM 25, + 26. NOVEMBER 2006 BEIM DVG MARL FRENTROP

Systematische Hundeausbildung - die richtige Ausrüstung, Motivationsarten und Motivationsübungen, Aufmerksamkeitsübungen, richtigen Einsatz von Motivationsobjekten (MO), Bestätigung und Einwirkung: wann und wie, einfache Nutzung des Clickers im Team. Jeder Hund ist anders, aber alle Hunde sind gleich.

 

Referent:

Wolfgang Schmidt, FCI-WM IPO in Slowenien 34. Platz in der Einzelwertung und Mannschaftsweltmeister sowie Vize-Mannschaftsweltmeister und 7. Platz bei der Belgier-WM 2007 in Frankreich

 

(Von Petra Elting mit Billy)

 

Es hat mich richtig gefreut, dass ich an dem Seminar teilnehmen konnte, obwohl die Teilnehmerzahl begrenzt war. An diesem Wochenende habe ich sehr viel über die Ausbildung des Hundes gelernt. Es gab nicht nur viel Theorie, sondern auch gute praktische Übungen. Einige Sachen sehe ich jetzt aus einem ganz anderen Blickwinkel, z. B.: Nach der Arbeit geht der Hund ins Auto! Vorher kam ich mir immer wie ein „Tierquäler“ vor und wollte nicht so recht glauben, dass es für Billy besser sei, wenn ich ihn „wegsperre“. Obwohl mir das Pfingsten in Koblenz bei Eddy auch immer wieder gesagt wurde. Nun weiß ich (auch aus Erfahrung), dass er dort mehr Ruhe hat und es für ihn stressfreier ist als z. B. zwischen vielen anderen Hunden und Menschen zu sein. Nach einer Pause im Auto hat er Spaß mich zu sehen und geht freudig und konzentrierter an die Arbeit.

 

Mir hat sehr gut gefallen, dass Wolfgang nicht eine vollkommen neue „Hundeausbildung“ präsentierte, sondern uns die verschiedenen

Ausbildungsrichtungen / Arbeitsweisen vorstellte, z. B. Spieltrieb nach Lind, Futtertrieb nach Dildei, Einwirkungen nach Dickeman‘s und den Clicker. Dabei

erläuterte er die Vorteile und ergänzte auch mit persönlichen Erfahrungen. Anschließend wies er darauf hin, dass für das Training mit dem Hund folgende Punkte besonders wichtig und bedeutend seien:

 

1. Eine gute Beziehung zwischen dem Hundeführer (HF) und dem Hund (H)

2. Der H sollte keine Angst vor dem HF haben (keine Ungerechtigkeiten HF gegen H)

3. Alles was der guten Beziehung schadet ist zu vermeiden!!!

4. Der HF sollte dem H klare Vorgaben und Rituale geben und für ihn kalkulierbar sein

5. Negative Emotionen sind in der Regel zu vermeiden (Einwirkungen ohne Emotionen)

6. Positive Emotionen sind erwünscht (Bestätigungen möglichst immer mit Emotionen)

Wenn ein Hund Vertrauen zu seinem Hundeführer hat, ist er insgesamt sicherer und im Zweifelsfall auch bereit mehr zu wagen. Er lässt sich leichter führen, arbeitet freudiger etc.

Grundregel:  Tiefe Stimme straft - hohe Stimme lobt.

 

Es ist auch nicht ratsam, den H während der Ausbildung zu locken (mit Stimme oder Futter), weil das nur einen vorübergehenden Erfolg darstellt. Wird der H. nur gelockt, ist der Wunsch nach dem Leckerchen irgendwann erfüllt und er wendet sich für ihn interessanteren Dingen zu. Das würde bedeuten, dass er nur dann arbeitet, wenn und so lange er Lust hat.

Vielmehr sollte dem H. aber das Training mit uns Spaß machen. Deshalb ist alles erlaubt, was ihm Freude bereitet. Nur dann ist er konzentriert auf uns. Je höher seine positive Erwartungshaltung ist, desto aufmerksamer ist der H. und desto unempfindlicher gegen Ablenkung. Erst wenn der H. das gewünschte Verhalten zeigt, wird er durch den HF bestätigt (Leckerchen, Beuteobjekt (BO) / Motivationsobjekt (MO) oder mit Spiel). Krass könnte man es mit einer geschäftlichen Beziehung nach dem Motto vergleichen: Tust du was für mich, werde ich auch etwas für dich tun.

 

Wichtig ist: Der Hund soll Spaß mit uns haben, auch während er lernt!!!

Wolfgang Schmidt hat treffend a´ la Harry Potter gesagt: „Wir müssen für unseren

Hund der/n goldene/n Schnatz sein/haben.“

 

Das wünschenswerte Ziel sollte sein: Die Arbeit mit uns ist schon die Belohnung!

Wer Wolfgang in der Praxis mit seinem Hund sieht, ist davon überzeugt, dass er dieses große Ziel schon erreicht hat. Der H. hängt an seinen Lippen, überschlägt sich fast. Dabei ist er aber nicht demütig. Man hat vielmehr den Eindruck, dass beide viel Spaß miteinander haben und gute Freunde / Partner sind. Da wird der Wunsch in jedem geweckt, dies ansatzweise mit dem eigenen Hund zu schaffen. Man vergisst jedoch nur zu leicht, dass diese Leistung viel Arbeit / Training und Zeit erfordert.

 

Während einer Bei-Fuß-Geh-Übung hat mich Billy mit einem tollen „Mitteltrab“ beeindruckt. Er schmiss seine Beine, hatte richtig Spaß, war super aufmerksam und himmelte mich an. Das gab mir die Bestätigung: Wir können ein tolles Team sein und müssen jetzt „nur noch“!!! die Konzentrationszeiten erweitern, bzw. gegen die überall lauernden Ablenkungen antrainieren. Natürlich werde ich alles daran setzen, ihm die Freude bei der Ausbildung zu erhalten. Dies hört sich eigentlich leicht und

simpel an, ist es aber nicht. Neben Ruhe, Geduld und Zeit gibt es noch folgende wichtige Dinge zu beachten:

1.    Konsequenz ist wichtiger als Strafe

2.    Qualität geht vor Quantität (sauberes Arbeiten)

3.    Nicht zu lange üben (lieber kürzer bis max. 10 min. dafür mehrere Einheiten)

4.    Mit Dampf auf den Platz und mit Dampf runter (Der H. soll mit Freude auf den Platz und wenn alles gut läuft sofort wieder runter)

 

Die Punkte 3 + 4 fallen bestimmt vielen schwer. Wenn alles super läuft, sollte der HF sofort den H bestätigen und aufhören! Gerade dann möchte man doch weiter arbeiten, noch mehr leisten / schaffen, wird vom Ehrgeiz gepackt. Dadurch verliert der H. aber die Freude am Training. Denn die Konzentration und Aufmerksamkeit werden unweigerlich abnehmen und einen Tiefstand erreichen. Wird erst dann die Arbeit beendet, haben beide kein gutes Gefühl mehr und der Frust ist vorprogrammiert. Deshalb lieber am Höhepunkt der Leistung aufhören. Somit erhält man den Trieb und den Spaß beim H.

 

Der Hund lernt besonders gut, wenn die Übungen über Spannung / Triebsteuerung aufgebaut werden. Einige Übungen zur Steigerung der Aufmerksamkeit sind:

 

- Futter aus dem Mund (liegt nicht jedem, Vorteil: H. schaut den HF erwartungsvoll an)

- Bestätigung durch BO/MO (Spiel mit HF und Beute-/Motivationsobjekt)

- Bestätigung angetäuscht (es gibt nicht immer was, z.B. BO/MO oder Leckerchen)

- Einwirkung bei Unaufmerksamkeit (zupfen an der Leine)

- Entgültige Beute (Ball/Spielzeug) bei Unaufmerksamkeit auf Boden fallen lassen und bevor H. bekommt,

schnell wegnehmen

 

Am zweiten Tag haben wir ein Resume´e über das Seminar gezogen und auch Fragen gestellt, z. B. „Wie gewöhne ich meinem Hund …. ab?“ Die Frage wurde uns ganz eindrucksvoll, aber einfach beantwortet. Wolfgang nahm ein leeres Blatt Papier und meinte, das weiß Euer Hund als Welpe. Anschliessend faltete er das einmal und strich es wieder glatt. Diese Falte steht als Symbol für etwas Gelerntes, kommentierte Wolfgang. Man kann versuchen, das Gelernte zu verändern oder rückgängig zu machen. Er faltete das Blatt einige Male quer über den Knick, strich es abermals glatt und erklärte, was der Hund einmal gelernt hat (der erste Knick) wird er nicht, oder nur sehr schwer vergessen. Der erste Knick ist nicht mehr so stark, aber immer noch vorhanden -  sprich im Gedächtnis. Da wurde es still im Raum. Jeder dachte nach und wurde sich seiner Verantwortung gegenüber seinem Partner auf 4 Pfoten bewusst.

 

Insgesamt hat mir das Seminar super gefallen. Etliche Seiten könnten noch gefüllt werden, besonders über die praktischen Übungen. Es bleibt mir abschliessend nur zu sagen: Egal, ob man wie ich einen jungen Hund hat, wie lange oder ob man Hundesport betreibt, ein Seminar bei Wolfgang Schmidt lohnt sich auf jeden Fall. Wer Interesse hat kann über ihn und seine Arbeit unter: www.der-schutzhund.de nachlesen.